11. Januar - 10. Februar 2013

Elke Körner

"Verknüpfungen"

 www.elkekoerner.de

 

 "Verknüpfungen"

das Unbewusste in der visuellen Kommunikation

Die dreidimensionalen Bildobjekte werden aus feingeschnittenen Stoffstreifen am Hochwebstuhl geknüpft.
Es sind alte und abgetragene Textilien die dafür verwendet werden.
Nach Farbigkeit sortiert sind es die "Protagonisten" für meine abstrakten Bilder.
Sie werden Träger für ein Symbol von Hoffnung.
Ausrangierte, abgewetzte T-Shirts oder Hosen beispielsweise erhalten in meinen Bildern eine neue Funktion.
Gleichzeitig sind sie Ausdruck von verknüpften Geschichten und Erinnerungen.
Die Flickenstreifen als Träger ihrer Geschichte, von der Produktion bis zum Ausgedient sein und dem Zerschnitten werden,
sind das Material, das die dichte Wirkung meiner Bildobjekte verursacht.
Das "Neu-Verknüpft-Sein" im abstrakten Bild, kann auch als Metapher für die Funktion unseres Gehirns gesehen werden.
Es speichert Wahrnehmungen, Erfahrungen und Erleben, auf das wir nicht immer bewusst zurückgreifen können.
Wahrnehmung und Erinnerung ist gefärbt von Tagesform und Befinden, von Glauben und Wissen beispielsweise und anderen Einflüssen.
Von Einflüssen, denen wir uns nicht bewusst sind.
Wenn ich mit einem Bild anfange, dann kann ein undefinierbares Gefühl der Auslöser für mein inneres Bild sein, das ich dann zum Ausdruck bringen möchte, mittels Formen und Farben im abstrakten Geflecht.
In der Betrachtung spiegelt es mein Unbewusstes und erzählt mir eine Geschichte - die verschiedensten Bilder und Begrifflichkeiten werden mit den Formen und Farben meiner Bilder assoziiert. Dem Betrachter bleibt die Wahl der Interpretation von dem Gesehenen.

 

Südkurier 12.Januar 2013

Harald Ruppert

Fest, flüssig und kunstförmig

Elke Körner aus Friedrichshafen zeigt textile Kunst und Malerei im Kulturhaus Mühle in Oberteuringen

Wenn man Elke Körner als Web-Designerin bezeichnet, kann das zu Missverständnissen führen – denn sie arbeitet zwar als Grafik-Designerin auch am Computerbildschirm, zugleich ist sie aber ausgebildete Weberin und Künstlerin, deren Kunst auf dem Webrahmen entsteht. Als Künstlerin ist ihr „Web-Design“ kein digitales, sondern ein textiles. Aber wie sich noch zeigen wird, gibt es zwischen diesen beiden Bereichen durchaus Bezüge.

Ihre textilen Bilder zeigt Elke Körner nun in der Mühle Oberteuringen. Den Begriff des Bildes muss man dabei allerdings erweitern: Körners Arbeiten wuchern und wachsen zu regelrechten Landschaften, zu Ausbuchtungen und wie im Fluss erstarrten Tropfenspuren. Ihre Bilder bilden Hügel und Täler und können ebenso gut auch Plastiken genannt werden. Aber kann eine Plastik eine nachgiebige Oberfläche haben? So wie man bei „Bild“ an gemalte „Flachware“ denkt, wird die „Plastik“ gemeinhin von Stein, Metall und anderen harten Materialien definiert. Elke Körners plastische Bilder schmiegen sich an diese beiden Genres an und rutschen doch zwischen ihnen hindurch. Diese gewebten „Dinge“ lassen sich so wenig „dingfest“ machen wie die Gedanken und Assoziationen, die in sie eingeflossen sind – denn der Begriff der Transformation, der Umwandlung und damit des Unfesten an sich, spielt für sie eine wichtige Rolle.

Transformiert wird in Elke Körners Kunst alte und abgetragene Kleidung. Sie ist die Basis ihrer Bilder; eine Basis, die man ihnen nicht mehr ansieht, aber doch vorhanden ist. Das Alte und Abgetragene kehrt wieder, in ganz unerwarteter Gestalt. Elke Körner vergleicht das mit persönlichen Erfahrungen, die man lange vergessen glaubte, aber durch ein bestimmtes Ereignis plötzlich wieder aus der inneren Versenkung tauchen – und dabei oft in einem völlig neuen Licht erscheinen. In diesem anderen Licht hat das Alte die Gestalt gewechselt; ebenso wie die alten Stoffe, wenn sie durch Körners aufwändige Arbeit zur Kunst der amorphen Formen geworden sind. Diese Formen bilden sich gleichwohl aus unzähligen kleinen Schritten und Einzelentscheidungen. In die größten Webbilder der Ausstellung hat Elke Körner aufs Ganze gerechnet jeweils rund sechs Wochen Arbeit gesteckt – jeden Tag acht Stunden lang. Dass bei dieser Langwierigkeit nicht ein Kleinklein der Verdichtung entsteht, keine penible Fleißarbeit, sondern eben der Fluss amorpher Formen, ist ihre besondere Qualität.

Zwischenzustände erfährt man bei Elke Körners Kunst auch in der Farbigkeit. Wir sind es gewohnt, verschiedene Rot-, Blau- oder Grüntöne zu unterscheiden. Aber Schwarz bleibt Schwarz, oder? Elke Körner bricht damit und verarbeitet in einem einzigen Bild Stoffstreifen von so vielen verschiedenen Schwarzabstufungen, dass das Ergebnis fast bunt wirkt. Aber auch ihre unbestritten bunten Bilder wirken aus der Nähe betrachtet noch sehr viel bunter als man aus drei Metern Entfernung glaubte. Ein scheinbar roter textiler „Farbknoten“ löst sich in ein Büschel von Spektralfarben auf – dieses Rot besteht neben roten Stoffstreifen auch aus rosafarbenen, blauen, aus braunen und bronzenen, sogar aus weißen. So wie eine einfarbige Fläche am Computer- oder Fernsehbildschirm aus vielfarbigen Pixeln gebildet wird, verhält es sich auch mit der Kunst von Elke Körner, der „Web-Designerin“ im doppelten Wortsinn.

Elke Körners Kunst, es wurde schon angedeutet, ist paradox: das Amorphe ist das Ergebnis eines strukturierten Arbeitsprozesses. Das Gewobene ist Ergebnis eines standardisierten Verfahrens: Es besteht aus Oberfaden und Unterfaden. So kann Elke Körner sagen: „Eine Sache hat zwei Zustände.“ Aus diesen beiden Zuständen bildet sich nicht nur die analoge Webtechnik, sondern auch die digitale Sphäre des Computers – nur, dass in letzterer diese „Zustände“ nicht Ober- und Unterfaden heißen, sondern 1 und 0; die binäre Logik, aus der die virtuelle Computerwelt ersteht. Alte Webtechnik und moderne Web-Technik bilden keinen Gegensatz. „Dass mir die Arbeit als Screen-Designerin so leicht gefallen ist, erkläre ich mir aus meiner jahrelangen Arbeit als Weberin“, sagt Elke Körner.

Eine weitere Brücke zwischen analog-textilem Web-Design und digitalem Webdesign bildet bei Elke Körner die Malerei – auch sie ist Teil der Ausstellung. Am Webstuhl wie am Bildschirm denkt der Gestalter „vernetzt“: Die Gestaltung baut sich in einem Koordinatenraster aus Punkten (Computer) oder Knoten (Weberei) auf. Wenn Elke Körner die Raster als Leitern und die Punkte als Quadrate malt, entsteht daraus keine an Roy Lichtenstein orientierte Pop Art, sondern Malerei im Sinn der Klassischen Moderne, oft bestimmt von Unschärfen. Manchmal wirkt es, als schimmerten die quadratisch gegliederten Landschaften von Paul Klees tunesischer Reise vom Grund eines Monetschen Seerosenteichs herauf. Oder geht die Idee der verschwimmenden Formen auf eine Lupe zurück, die aus übergroßer Nähe die Pixel eines Bildschirms in den Blick nahm? Ob die Assoziation nun in die Kunstgeschichte reist oder bei der Technik der Gegenwart bleibt – in beiden Fällen stößt sie auf die amorphe Form dieser Malerei, in der die geistigen Bezugspunkte ihre Gestalt gewechselt haben.