28. FEBRUAR 2015 

„Indien“ - Zwei sympathische Unsympathler

  BISSIGE GAUDI 

Das schwarzhumorige Kultstück der Österreicher Josef Hader und Alfred Dorfer  – jetzt auf schwäbisch, mit Markus Hepp und Alex Niess, zwei Schwaben, die so eigentlich nicht zusammengehören.

Zum einen Schnitzelesser Heinz Bösel, trinkt viel, flucht viel und will eigentlich gar nichts sagen, auf der anderen Seite ein asketisch abgehobener, philosophisch bewegter Pedant namens Kurt Fellner. Doch beide eint der Beruf des Gastroprüfers.
Und so tingeln sie gemeinsam durch die schwäbische Provinz auf der Suche nach dem besten Schnitzel und der dicksten Maultasche. Doch was finden zwei Männer, die sich nicht leiden können, sich ignorieren und dann streiten über Essen, Saufen, Frauen, Brandschutztüren und das Leben.

Sie finden natürlich eine echte Männerfreundschaft, die sie am Schluss auch wirklich brauchen werden.
Regie: Marco Ricciardo         

www.theater-ravensburg.de

Gastspiel des THEATER Ravensburg mit Markus Hepp und Alex Niess

Schwäbische Zeitung, 2.3.2015

Unerfüllte Träume

Theater Ravensburg gastiert mit derb-deftiger schwarzer Satire in der Mühle Oberteuringen
- Helmut Voith -

Oberteuringen hv Auf dem schmalen Grat zwischen Realismus und Absurdität hat das Theater Ravensburg die rabenschwarze Tragikomödie „Indien“ der Kabarettisten Josef Hader und Alfred Dorfer angesiedelt und nach Oberschwaben verlegt. Ein Tisch, zwei Stühle und zuletzt ein Rollstuhl reichen, und der Zuschauer ist mittendrin.

„Indien“, erzählt die Geschichte einer Männerfreundschaft, die sich zögernd entwickelt, dann aber den jähen Krebstod des Jüngeren überdauert. Es ist die Geschichte zweier in Land und Sprache verwurzelter Gastronomieprüfer in Oberschwaben - Indien steht für unbestimmte Sehnsüchte, für ungelebte Träume und Illusionen. Auf dem Tisch wartet ein Teller mit Schnitzel und Spätzle, dazu eine Schüssel Kartoffelsalat, ein Glas Bier. Lustlos setzt sich Gastronomieprüfer Bösel davor, lustlos stopft er das Essen in sich hinein, macht Notizen. Der wortkarge Wirt fördert seinen Appetit auch nicht gerade. Kollege Kurt Fellner erscheint, piekfein im Anzug mit Krawatte. Mit strahlendem Lächeln serviert er dem Wirt seine wohl berechtigten knallharten Forderungen. Er redet, während Bösel weitermampft.

Schnitzel, Rostbraten, Spätzle

Es dauert, bis zwei so grundverschiedene Männer wie Kurt Fellner und Heinz Bösel sich annähern: etepetete, beredt und mimosenhaft empfindsam der Jüngere, wortkarg der Ältere. Wenn sie schweigen, sprechen die Gesichter. Zur Erstellung einer Broschüre reisen sie, Fellner (Alex Niess) inspiziert Zimmer und Bäder, Bösel (Markus Hepp) Schnitzel, Rostbraten, Spätzle und Bier. Sie sind aufeinander angewiesen, müssen’s miteinander aushalten. Sie reiben sich, verletzen sich, verstecken sich hinter reichlich derben Sprüchen, um ja nicht das Innere preiszugeben, doch der Alkohol lockt sie aus der Reserve. Sie reden über Alltägliches - Haus, Frau, Freundin, Kindheit, Männerphantasien.

Dann nach der Pause radikaler Szenenwechsel. Fellner ist im Krankenhaus abgestellt als letzter Patient, Schlagbohrer rattern. Der Humor tanzt am Abgrund, und mittendrin eine rührend unbeholfene Menschlichkeit: Treffend zeichnet Alex Niess das Wechselbad der Stimmungen, denen der Krebskranke ausgeliefert ist. Markus Hepp steht als hilfloser Besucher dabei. Ob er sich in Verlegenheitsfloskeln flüchtet, schon beim Reden spürt, dass sie dem Freund nichts bringen, ob er ihn in seiner Hilflosigkeit zum Kämpfen bewegen will – er überzeugt in jedem Moment. Und wieder erscheint eine namenlose dritte Person, diesmal als teilnahmsloser Arzt.