13. JUNI 2015  

VoiceNet - „Bedrohte Tonarten“

 

MUSIK KABARETT 
Tipps zur artgerechten Chorhaltung

Wo gibt es denn das noch?
Darf man das eigentlich, Töne hören – einfach so?
Man darf! Denn Töne machen nicht dick, auch wenn sie in den Magen fahren.

Laute, leise, starke, volle, satte, schräge, zarte Töne: alles ist möglich, denn es gibt, was es gibt. Es muss auch nicht immer alles Ton in Ton sein.
Evergreene Comedians, Sounds of Heimat und Fernweh, Pop, Rock, Soul oder Jazz, in Homo oder Stereo – erlaubt ist, was gefällt.
Denn Musik ist das, was man hören will!
VoiceNet ist zum fünften Mal in der Mühle zu hören und zu sehen!

www.voicenet-live.de

VoiceNet ist Testsieger für „artgerechte Chorhaltung“ 2014
VoiceNet ist das Original mit Unterton aus Baienfurt

Schuhplatteln mit Onkel Bumba aus Kalumba

von Helmut Voith

Freilaufende Töne ohne Mindesthaltbarkeitsdatum

von Claudia Wörner

Schuhplatteln mit Onkel Bumba aus Kalumba

Launige Music-Comedy mit „VoiceNet“ in der Mühle Oberteuringen gibt „Tipps zur artgerechten Tonhaltung“

Oberteuringen sz Das Ravensburger Vokalensemble „VoiceNet“ ist am Samstagabend bereits zum füfnten Mal in der Mühle Oberteuringen aufgetreten. Da es hier schon mit allen bisherigen Programmen zu erleben war, weiß man, dass der zwölfköpfigen Gruppe um den Bassisten Peter Fuchs der Schalk nicht nur im Nacken sitzt, sondern sich durch das ganze Programm zieht. Wer dagegen einfach nur sehr kultivierten Chorgesang goutieren will, der ist bei ihrer „Music-Comedy“ fehl am Platz. Was das Ensemble bietet, passt ebenso gut für einen lauen Sommerabend wie zur Aufheiterung hochnebelgrauer Herbstabende.

Leitthema waren diesmal „Bedrohte Tonarten“, genauer „Tipps zur artgerechten Tonhaltung“. Ein schier unerschöpfliches Thema, das eine Menge witziger Wortspiele anbietet – vom Ton-Artenschutz bis zum „voll analogen, ökologisch vollständig abbaubaren“ Chor. Seitenhiebe und Nadelstiche – das Publikum genießt die launig servierten frechen Sprüche als Intermezzi. In der Hauptsache wird gesungen, zuweilen a cappella, meist von Jan Siegsmund am Klavier begleitet.

Weit reicht das Spektrum. Von „Buona sera, signorina“ bis zum persiflierten Schuhplattler mit markiertem Hexenschuss, ein Anblick zum Erbarmen. Hits aus Rock, Pop, Soul oder Jazz folgen aufeinander. Wer hätte nicht „Tea for two“, Louis Armstrongs „What a wonderful world“ oder Fred Astaires „Dancing cheek to cheek“ im Ohr? Auch das Deutsche ist noch nicht ganz verschwunden. Es lässt grüßen mit Evergreens der Comedian Harmonists und Gedichten von Joachim Ringelnatz, wie etwa den Erlebnissen eines „männlichen Briefmarks“.

Nach der Pause tauchen die elf Sängerinnen und Sänger in neuem Outfit auf, auf bunte Shirts folgen bei den Damen einheitlich elegante Kleider, die Herren kommen schwarz-rot mit Krawatte daher – dank gut funktionierender Klimaanlage gar keine so große Zumutung. Quietschend wird eine Trittleiter über die Bühne geschoben: „Harmonische Tonleiterverschiebung“ nennen sie das. Und wie war das noch mit dem Besuch im Chinesenlokal? Dem einen ist es danach „grottenschlecht“, die andere vermisst ihren Hund... Doch alles nur ein falscher Verdacht: Der Hund kommt wieder – aber jetzt fehlt der Kellner. „In der Nacht ist der Mensch nicht gern alleine.“ Falsch. Eine Solistin macht auf Femme fatale und singt „In der Nacht mache ich die großen Scheine.“ Auch eine Möglichkeit, mit Männerträumen umzugehen. Ein bisschen Verruchtheit kommt ins Spiel. Und bald darauf tanzt Comedians’ „Onkel Bumba aus Kalumba“ seinen Rumba. Mit „o weh“ und „o weia“ naht das Ende. Keine Angst, dank viel Applaus und nicht weniger Zugaben wird das Ende noch ein gutes Stück hinausgeschoben.

Freilaufende Töne ohne Mindesthaltbarkeitsdatum

Der Chor „voiceNet“ mit dem Programm „Bedrohte Tonarten“ in der Mühle in Oberteuringen

„Wenn Ihnen der Sinn nach Singen ist, dann singen Sie“, forderten die sechs Männer und Frauen der Musik-Comedytruppe „voiceNet“ in der Mühle in Oberteuringen auf. Mit seinem neuen Programm „Bedrohte Tonarten – mit Tipps zur artgerechten Tonhaltung“ bewies das musikalische Dutzend aus dem Raum Ravensburg in der Mühle bereits zum fünften Mal „Null Toleranz gegenüber Eintönigkeit“.

Bewaffnet mit Fahrradlenkern samt bimmelnden -glocken stürmten die Sängerinnen und Sänger die Bühne und stimmten „Bicycle Race“ von Queen an. Witzig interpretierte „Tenor Tom“ – so war es auf seinem T-Shirt zu lesen – das Original, während der Rest der A-cappella-Gruppe weit mehr beisteuerte als ein einfacher Background-Chor. Drei je Stimmlage, mit Ausnahme des unerschrockenen Tenorduos, zeigte jeder im Laufe des Konzerts Stimme und Talent für das Solo in der ersten Reihe. Man merkte ab dem ersten Song, diese Sänger sind aufeinander eingestimmt und, ganz wichtig, sie haben Spaß an dem, was sie tun.

Ob „Buonasera Signorina“, „Schöne Isabella aus Kastilien“ oder der Gute-Laune-Song „So happy together“ – die allermeisten Lieder dockten direkt am musikalischen Gedächtnis des Publikums an. Da war mitswingen, leises mitsummen oder ein dezentes Wippen mit dem Bein angesagt. Dabei gelangen „voiceNet“ die dynamischen Stellen mit Schwellern vom Piano zum Forte besonders gut und auch der Text war selbst beim gemeinsten Zungenbrecher bestens zu verstehen. Eine große Rolle spielt auch der Humor. So macht es schon ein wenig nachdenklich, wenn die Altistin ihren Hund vermisst und dem Bass nach dem Besuch des Chinarestaurants schlecht ist. „Gibt es da einen Zusammenhang?“, fragen sie und schicken gleich die nächsten Töne von der Bühne.

Apropos Ton: Jeder sollte sich einen anschaffen, für ein passendes Lied sorgen und natürlich für die artgerechte Haltung. Wie zum Beispiel die witzig interpretierten Ringelnatz-Gedichte „Die Ameisen“ und „Der Briefmark“. Der Ton musste für zahlreiche Wortspiele herhalten. „voiceNet“ bevorzugt die freilaufenden Töne ohne Mindesthaltbarkeitsdatum. Ihr Vorteil: Sie sind vollwertig und ökologisch vollständig abbaubar. Da war der Evergreen der Comedian Harmonists „Ich wollt' ich wär' ein Huhn“ nur die logische musikalische Konsequenz. Beschwingt spielten sich die Sängerinnen und Sänger die Töne zu.

Die meisten Stücke begleitete Jan Siegsmund am Flügel. Arrangiert wurden sie von Chorleiter und Bassist Peter Fuchs, der sich natürlich auch für den Stopp der Bassistenwitze stark macht. Da haben es die Altistinnen einfacher. Gibt es doch Dinge, über die man einfach keine Witze machen sollte.

Ambitioniert nahm sich „voiceNet“ die „Bohemian Rhapsody“ von Queen vor, wobei Hits dieser Güteklasse weder das kleinste Zittern im Sopran noch den harmlosesten Verhaspler im Text verzeihen. Hits wie „Africa“ von Toto, „Tea for Two“, „Somebody to love“ von Queen oder „Skyfall“ von Adele folgten aufeinander.

Auch ein richtig witziger Ausflug in die Welt der Volksmusik, garniert mit einem fröhlichen Jodler, durfte nicht fehlen. Wenn dann das Lied vom Suaheli-Schurrbarthaar in Anlehnung an Ringelnatz folgt, weiß man wieder, dass man einen schönen Abend bei „voiceNet“ hat.