Gelbfiaßler gegen Sauschwäbin


Sie hebt ab, er bleibt am Boden: Das badisch-schwäbische Traumpaar Marlies Blume und Fidelius Walvogel in der Mühle. (Foto: harald ruppert)
26.02.2018 SZ Harald Ruppert

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Er gleicht einem Spiel zur Stärkung einer moralisch angeschlagenen Truppe, dieser Abend mit Fidelius Waldvogel und Marlies Blume in der fast ausverkauften Teuringer Mühle – und diese Truppe sind wir selbst: Badener und Württemberger, seit 66 Jahren zwangsvereint. Die beiden Komödianten hätten sich kaum einen besseren Ort für ihr Kabarettprogramm „BaWü-Menü“ aussuchen können, denn von Oberteuringen aus kann man zum badisch-schwäbischen Tellerrand rüberspucken.

Wäre nicht jede Seite ohne die andere besser dran? Die schrille Schwäbin und der bruddelnde Badener sind davon überzeugt und lassen sich endlich scheiden. „Mir bauen eine Mauer auf und die Schwaben zahlen. Make Baden great again!“, poltert Waldvogel alias Martin Wangler, und Blume alias Heike Sauer zieht die Demarkationslinie quer über die Bühne und durchs Publikum „Ade, es hat lang schon gekracht. Jetzt wird Schluss gemacht.“

Aber wie der pädagogische Harmonisierungszwang so spielt, merkten beide schnell, dass sie den anderen brauchen. Und so liegen sie sich wieder in den Armen, schmettern in schönster Einigkeit „Marmor, Stein und Eisen bricht, aber Baden-Württemberg nicht“. Friede, Freude, Eierspätzle. Oder doch lieber badische Knöpfle?

Egal. Das Kochrezept ist schließlich dasselbe. Aufs Ganze gesehen heißt das: Die Vorbehalte zwischen Badenern und Schwaben sind heute nur noch frotzlerischer Natur. Weil dem Konflikt der Sprengstoff fehlt, ist er auf der Kabarettbühne gut aufgehoben, denn dort kann er keinen Schaden mehr anrichten. Das ist aber auch das Problem dieses Programms: Selbst wenn Waldvogel und Blume die vermeintlichen Gegensätze überspitzen, werden sie doch nie so spitz, dass sie auch stechen. Man stelle sich ein solches Programm dagegen in Belgien vor, wo Flamen gegen Wallonen stehen. Oder in Spanien angesichts des Regionalkonflikts in Katalonien; da würden im Saal die Fetzen fliegen.

An treffenden Beobachtungen fehlt es in der Mühle trotzdem nicht. Zum Badenerlied etwa, gegen das die Schwaben nicht anstinken können. Soll Marlies Blume etwa mit der Melodie über die „Schwäb'sche Eisebahne“ Paroli bieten? Und dass die Badener ein wenig dauerbeleidigt sind, weil sie von „Schtuegettern“ regiert werden, stimmt auch; nur wird das von Fidelius Waldvogel arg krachledern und damit auf Dauer schwer erträglich dargestellt. Sonnenscheinchen Marlies Blume hat da mit ihrem pinkfarbenen Dauerlächeln die besseren Karten. Das gilt auch für die Leistungsbilanz: Pustefix, Fischerdübel, Leitzordner, Steiff-Bären, Fliegenfänger und Bohrmaschine; das alles wurde im Schwäbischen erfunden. Da steht Waldvogel ärmlich da mit seinen badischen Pioniertaten: „Maggi, erster grüner OB und Gelber Sack!“ Tüchtig schenken sich der Gelbfießler und die Sauschwäbin ein – letztlich aber mit dem Geist der Versöhnung, denn eigens für dieses Programm wurde ein Roséwein aufgelegt: der Edeltroll, gemischt aus badischem Gutedel und würtembergischen Trollinger. Den gibt es am Schluss zum Mitnehmen, für sieben Euro die Flasche. Prost!