Freitag, 27. Juni   20.30 Uhr

Bernd Kohlhepp spielt Schiller
„Die Räuber … oder so“

„Süddeutschlands vielleicht spitzeste Zunge“ (Schwarzwälder Bote) huldigt ein zweites Mal seinem Lieblingsdramatiker Friedrich Schiller. Alleine spielt Kohlhepp „Die Räuber“. Und zwar sämtliche! Und mit seinem kabarettistisch geschulten Blick ersinnt er dabei verwegene Bezüge, die dem „wild gestrickten Schiller-Erstling“ eine schräg-witzig-spezielle Note verleihen.

Schillers Familientragödie - um den Grafen Ferdinand von Moor und die gegensätzlichen Söhne Franz und Karl - wird von Kohlhepp allein und mit einem auf wenige Gegenstände beschränkten Bühnenbild bestritten. Nach dem Motto „Ein Mann, alle Rollen“ spielt er die hinreißende Amalia ebenso überzeugend wie die gesamte Räuberbande.

Die meisten kennen Bernd Kohlhepp als überzwerchen Herrn Hämmerle, als schwäbischen Rock ´n´ Roller, als Theatersport-Improvisierer oder Big Band-Sänger. Der Tübinger Kabarettist hat viele Gesichter.
Mit DIE RÄUBER ODER SO … zeigt er einen gelungenen Mix aus Kabarett und Schauspiel.
So gelungen, dass er dafür 2012 den „1. POCKET KLASSIKER AWARD“ in Neu-Ulm einheimste.

www.haemmerleswelt.de

Schillersche Tragödie in der Kulturmühle

Schillers Räuber lagen dem Programm von Bernd Kohlhepp zugrunde. Eine Wahnsinns-Fleißarbeit war es, daraus eine Ein-Mann-Schau daraus zu kochen. Dann galt es, die wichtigsten Charaktere herausarbeiten und die Handlung intellektuell zu kondensieren. Chapeau!

SABINE VON BELLERSHEIM

Tragödie in der Kulturmühle? Räuber? Raubmord? Gemach, gemach! Keine Panik, nichts wurde geraubt, kein Tropfen Blut vergossen, niemand brachte sich oder jemand anderen um. Nur Bernd Kohlhepp war da. Das allein war allerdings noch nicht die Tragödie.
Die „Räuber“ nämlich, von Friedrich Schiller, lagen dem Programm des Kabarettisten zugrunde. Bei Reclam ist das Original auf 368 Seiten Dünndruckpapier in winziger Schrift zu lesen. Auch wenn Bernd Kohlhepp tatsächlich bei einer Schulaufführung mitgewirkt hat, wenn er das Sturm-und-Drang-Drama vielleicht auch x-mal auf der Bühne erlebt hat – um die Lektüre kam er nicht herum, wenn er so eine abendfüllende – zwei Stunden plus halbstündiger Pause! – Ein-Mann-Schau daraus kochen wollte. Zunächst mal eine Wahnsinns-Fleißarbeit. Dann aber galt es vor allem, die wichtigsten Charaktere herauszuarbeiten und die Handlung intellektuell zu kondensieren. Chapeau!
Wahrlich wäre es dem Zuschauer wohl bekommen, hätte er sich noch einmal mit dem Original beschäftigt. Doch auch ohne Auffrischung war es faszinierend zu erleben, wie Kohlhepp fast ohne Requisiten die Bühne und damit die (leider nicht allzu zahlreichen) Zuschauer belebte. Ein Teppich, ein Stuhl, eine Trittleiter, eine Klapptafel sowie eine kleine Tafel nebst Kreide genügten ihm dazu, Familie Moor und Diener sowie etliche Räuber und vor allem Amalia vorzugaukeln. Amalia, die adlige Jungfer in „anständigen“ Gewändern und doch voller Anmut, insbesondere ihre kaum sichtbaren Fesseln!
Erschwerend kam hinzu, dass er eine ungemein „glaubwürdige“ Rahmengeschichte auspackte: Er müsse unbedingt vor Mitternacht Reutlingen erreichen zwecks Geburtstagsfeierteilnahme. Der Urenkel der commedia dell'arte in ihm konnte es natürlich nicht lassen, ausgiebig das Publikum einzubeziehen, zu beschimpfen, zu belästern. Das artete mitunter in regelrechtes Impro-Theater aus. So verfrachtete er gehorsam auf Zuschauervorschlag hin die Rote Wand in den Böhmerwald, konnte sich aber auch nicht verkneifen, darauf wiederholt zu verweisen. Schauspielerisch hervorragend, wie er innerhalb einer Sekunde vom blödelnden Komödianten zur Schiller-Rolle zurückkehrte – in Gestus, Mimik, Sprache!
Mit viel Ironie, schwarzem Humor, Stand-up-Comedy, stimmlicher und pantomimischer Vielfalt und wenig Respekt interpretierte er den armen Schiller, dem das Theater als „moralische Anstalt“ galt. Ganz wunderbar sind Kohlhepps Qualitäten als Zeichner! Mit scheinbarer Leichtigkeit skizziert er Schießscharten oder verwandelt die Katze Lisa (Adaption eines Zuschauerbeitrags) in einen Luchs. Mit Hilfe der Tafel widerlegt er zweifelsfrei eine Schillersche Idee: Erstens lässt sich mit Blut nicht vernünftig auf einer Schwertklinge schreiben, ein Edding wäre hier vonnöten gewesen. Zweitens hätten auch per Edding gar nicht so viele Worte Platz gefunden. Quasi als Zugabe lieferte Kohlhepp noch eine Reihe von „Verbesserungsvorschlägen“.